KidCourage-Preisträgerin

Es wird mal wieder Zeit für eine tolle Geschichte – und was für eine! Ich bin mit dem KidCourage-Preis der Bürgerstiftung Osnabrück ausgezeichnet worden! Und zwar für meinen Blog!

Aber erstmal für alle Nicht-Osnabrücker: Mit dem KidCourage-Preis zeichnet die Bürgerstiftung alle paar Jahre Jugendliche aus, die sich in besonderem Maße für andere einsetzen. Dabei geht es um Eigeninitiative, Zivilcourage und auch ein bisschen Vorbildfunktion.

Anfang 2021 hatte Papa gelesen, dass der nächste Wettbewerb startet und Bewerbungen eingereicht werden können. Und so hat er dann als mein „Ghostwriter“ kurzerhand diese Bewerbung verfasst und zur Bürgerstiftung geschickt:

Liebe „KidCourage-Preis“-Jury,

ich möchte mich mit einem sicherlich eher ungewöhnlichen Projekt für den diesjährigen KidCourage-Preis bewerben: und zwar mit meinem Blog „Amelie Wundertüte“.

Um die Hintergründe meines Blogs und meiner Bewerbung zu erläutern, stelle ich mich kurz vor: Ich heiße Amelie Sprehe, bin 13 Jahre alt, wohne in Osnabrück und bin seit meiner Geburt aufgrund einer Cerebralparese mehrfach schwerstbehindert. Ich kann nicht selbständig sitzen, stehen, laufen oder sprechen, bin aber ein fröhliches und sehr aufgewecktes Mädchen – in der beginnenden Pubertät… 😉

Nicht erst in der jetzigen, sehr belastenden Corona-Zeit erlebe ich immer wieder, welche Berührungsängste andere Menschen haben, wenn sie mich sehen. Mit meinem Blog möchte ich Einblicke in meinen Alltag geben; zeigen, was mich freut, was toll ist, was nicht so schön ist, was mich traurig macht – und durch den „Blick durchs Schlüsselloch“ die oftmals vorhandenen Berührungsängste abbauen. Mir geht es um mehr Inklusion – und Inklusion funktioniert erst dann, wenn wir uns gegenseitig besser verstehen, aufeinander zugehen und uns offen begegnen.

Mit genau diesem Ansatz – und gerade in diesen Zeiten, in denen behinderte Menschen leider oftmals unsichtbar sind – möchte ich mich mit meinem Blog bewerben. Natürlich habe ich einen „Ghostwriter“ hinter mir – auch für diese Mail -, der meine Gedanken lesen kann und aufschreibt: meinen Papa. Aber auch wenn ich nicht selber schreiben kann, ist Papa mein Super-Sprachrohr.

Vielleicht ist mein Blog ja ein „Inklusions“-Kandidat für den diesjährigen KidCourage-Preis – ich bin gespannt auf Ihre Rückmeldung!

Und dann passierte erst mal lange Zeit nichts… Und plötzlich, ein Jahr später, bekam ich dann eine Mail, dass ich zu den Preisträgern gehöre! Was für eine Überraschung! So ein bisschen stolz bin ich ja schon… und Mama und Papa auch… 😉

Vor ein paar Wochen habe ich dann auch meine Urkunde bekommen. Ach ja – und ein Preisgeld gibt es ja auch: Das geht komplett an den FED der Lebenshilfe!

Meine Osterradtour

Leute, was für ein Osterwetter! Ein Wetter wie gemalt für eine Radtour – gesagt, getan: Papa und ich haben heute die „Amelie-Radsaison“ eingeläutet und waren mit meinem VeloPlus-Rollifahrrad unterwegs!

Ja, richtig gelesen – ich bin stolzer Besitzer eines VeloPlus-Rollifahrrads vom holländischen Hersteller van Raam, und das schon etwas länger. Irgendwie bin ich aber noch nicht dazu gekommen, darüber zu schreiben. Dabei ist es ein bewegende Geschichte, wie ich zu meinem Fahrrad gekommen bin…

Wir wollten ja schon immer ein VeloPlus-Rad haben, um auch mal gemeinsam mit dem Rad unterwegs sein zu können. Vor einiger Zeit medete sich der Verein Philip Julius aus der Nähe von Frankfurt (übrigens ein toller Verein, der unglaublich engagiert ist!) bei Papa (der hatte vorher schon Kontakt dorthin): Sie hätten gelesen, dass ich mir ein VeloPlus-Rad wünsche – und sie hätten eines, das sie uns für einen „Freundschaftspreis“ verkaufen würden.

Das Rad war ungenutzt und eigentlich für ein Mädchen angeschafft worden, das leider kurz darauf verstorben war. Und so stand das VeloPlus seitdem ungenutzt in einer Garage. Papa hat dann flugs eine Spedition beauftragt und das Rad zu uns liefern lassen – und mittlerweile waren wir schon einige Male unterwegs damit!

Papa sagt, dass ist schon ein „Geschoß“, an das er sich echt gewöhnen musste – denn es braucht schon ein wenig Übung, um mich damit durch die Gegend zu kutschieren. Aber das macht uns allen riesigen Spaß!!!

Heute waren Papa und ich den ganzen Nachmittag unterwegs bei diesem herrlichen Wetter, sind zu einem Ausflugslokal am Osnabrücker Stichkanal geradelt, haben dort leckeren Kuchen gegessen und sind dann wieder nach Hause.

Es ist schon echt tricky, welche Strecken überhaupt geeignet sind. Papa überlegt sich immer vorher, wo er fahren kann. Denn leider sind die Straßen und Radwege nur allzu selten auf Räder wie mein VeloPlus ausgelegt. Tja – wir leben nun mal in Deutschland und nicht in den Niederlanden. Da wäre das kein Problem – und wir wären auch keine Sensation. Papa kriegt das Grinsen nicht aus dem Gesicht, wenn er die vorbeifahrenden Autofahrer beobachtet, deren Kinnladen immer staunend nach unten fallen…

Vielleicht erleben wir das ja noch, dass ein VeloPlus-Rollifahrrad und passende Radwege Alltag und Standard und kein Sonderfall sind…

Wir Krisenkinder

Sorry – ich habe länger nichts von mir hören lassen. Aber es ist (mal wieder) viel passiert: Erst Corona (alles top überstanden), dann werde ich in einem Buch erwähnt (aha!) und heute stand wieder ein „Botox-GKT„* an…

Das Wichtigste vorweg: Papa und ich haben Corona gut hinter uns gebracht. Wir konnten uns auch schon nach 7 Tagen wieder freitesten (welch eine Erleichterung), so dass auch endlich wieder Buddys kommen konnten. Wobei ich nicht weiß, wer sich mehr gefreut hat – Mama, Papa oder ich… 😉

Jetzt habe ich Ferien (also wieder zuhause) und heute stand mal wieder eine Botox-Spritztour an: 2x in den linken Unterarm, 2x in den linken Brustmuskel. Nach vier Monaten wurde es auch wieder Zeit, da ich doch in meiner Beweglichkeit mehr und mehr eingeschränkt war. Das Prozedere war wie immer – und auch die Bilder danach sind ja immer gleich…

Nicht bildlich, aber namentlich tauche ich in einem aktuellen Buch mit dem Titel „Krisenkinder“ von SPIEGEL-Redakteurin Silke Fokken auf. Ihr Buch handelt davon, wie sehr die Pandemie Kinder und Jugendliche verändert hat. Ein Kapitel behandelt auch die vergessenen Kinder mit Behinderung. Und da Papa einige Male Kontakt zu Silke Fokken hatte, hat sie ihn als „Amelie-Papa“ zu Wort kommen lassen. Alles weitere auf Seite 70 im Buch „Krisenkinder„… 😉

*GKT = Großkampftag