Gut Feismann

Es gibt sie doch – die warmen, schönen Orte und Wohlfühlinseln. Einen solchen Ort habe ich kürzlich mit Papa besucht, inspiriert von einer bewegenden WDR-Reportage: das Gut Feismann.

Mama und Papa hatten die Reportage über die Entstehung und die Idee vom Gut Feismann als tiergestütztes Kinderhospiz vor einiger Zeit in der Mediathek entdeckt – und waren völlig begeistert! Die Reportage ist übrigens sehr lohnenswert – unbedingt anschauen!

Für uns war klar: Das wollen wir uns unbedingt „live“ und vor Ort ansehen und erleben! Und Nottuln-Darup ist ja gerade mal eine Stunde Fahrt von uns entfernt. Und so sind wir dann zum „Gut für Alle“-Tag gefahren – und hatten einen tollen Vormittag dort!

Das Wohlfühlen ging schon beim Ankommen los: Es war ein tolle, warme Atmosphäre auf dem Hof, wir wurden sofort begrüßt inkl. Rundgang und „Sonderführung“ und hatten wunderbare Gespräche und einen tollen Austausch mit Martina, Melanie, Matze und Co. Wir haben uns wirklich sehr willkommen gefühlt!

Wie auch schon beim Kupferhof in Hamburg ist auch das Gut Feismann das wunderbare Ergebnis engagierter Menschen, die an ihrer Idee festhalten und sich trotz Widerstände davon nicht abbringen lassen. Gut, dass es solch großartigen Menschen wie Carolin und Stefan Feismann und alle dort so wunderbar engagierten Menschen gibt! Danke!

Unbedingt wählen!

Am Sonntag steht die Europawahl an – für mich auch. Denn erstmals dürfen auch 16-jährige wählen. Ich also auch, dank des sogenannten inklusiven Wahlrechts.

Mama und Papa hatten das gar nicht auf dem Schirm, als plötzlich drei Wahlbenachrichtigungen im Briefkasten waren. Also haben wir dreimal Briefwahl beantragt und auch schon alle drei unsere Stimme abgegeben.

Wahrscheinlich fragen sich jetzt einige von Euch: Wieso darf/kann ich wählen und wie läuft das genau ab? Noch bis 2019 waren Menschen mit Behinderung von den Wahlen ausgeschlossen. Diese sogenannten Wahlrechtsausschlüsse waren im Bundeswahlgesetz festgeschrieben. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Regelung dann gekippt – denn das Wahlrecht ist ein Grundrecht.

Und wie kann ich nun wählen? Mit einer Wahlassistenz, also einer Hilfestellung. Das heißt: Mama und Papa erklären, ich entscheide. Also hat Papa fleißig recherchiert, wo es passende Infos für mich gibt – z.B. auf den Seiten von Aktion Mensch. Und so ist er auf den Sozial-O-Mat gestoßen – ein echt gutes Informations- und Hilfsangebot für mich.

Ich habe jedenfalls meine Stimme abgegeben – und hoffe, Ihr habt das alle auch getan bzw. tut das am Sonntag. Denn gerade in diesen Zeiten ist Wählen und jede Stimme für mehr Teilhabe und Vielfalt und gegen Ausgrenzung total wichtig!

Doppelt fassungslos

Ich bin schockiert, entsetzt und fassungslos: Da passiert ein mutmaßlich rechtsextremer Angriff auf eine Wohneinrichtung für Menschen mit Behinderung in Mönchengladbach. Und kaum jemand schreit auf. Was ist hier bei uns los???

Wir stellen uns hier folgendes vor: Ich lebe in einer Wohngruppe, als plötzlich nachts ein Ziegelstein auf die Haustür geworfen wird. Und auf dem Ziegelstein steht die menschenverachtende Aufschrift „Euthanasie ist die Lösung„.

Allein bei dem Gedanken daran läuft es uns kalt den Rücken herunter. Eine Horrorvorstellung. Aber genau das ist in Mönchengladbach passiert. Ein absoluter Schock und einfach unfassbar.  

Normalerweise müsste der Aufschrei riesengroß sein. Bundesweit, weit über Mönchengladbach hinaus. So wie beim Pfingst-Nazigegröle von Sylt. Normalerweise würden alle großen Medien tagelang aus Mönchengladbach berichten. Und normalerweise melden sich alle wichtigen Bundespolitiker zu Wort und verurteilen den entsetzlichen Angriff.

Normalerweise. Aber stattdessen: Nahezu nichts. Es berichten lediglich die regionalen Medien, der Oberbürgermeister von Mönchengladbach ruft zur Solidarität auf. Was sehr gut, richtig und wichtig ist. Aber das war’s. Ende der Durchsage.

Das alles macht mich doppelt fassungs- und sprachlos. Ich frage mich wirklich: Was ist mit unserer Gesellschaft los? Warum interessiert es bundesweit so gut wie niemanden, wenn mutmaßliche Rechtsextreme einen Ziegelstein mit Naziparole auf eine Wohneinrichtung für Menschen mit Behinderung werfen? HALLO DA DRAUSSEN! HALLO!!!

Diese Ignoranz macht mir genauso viel Angst wie die eigentliche Tat. Auch ich werde irgendwann in einer Wohngruppe leben. Dürfen dann Rechtsextreme nahezu unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit Steine auf unsere Türen werfen und sich kaputtlachen, dass das niemanden interessiert???

Wieder mal zeigt sich deutlich, dass wir Menschen mit Behinderung keinerlei Lobby haben, unsichtbar und unerhört sind. Wir erzeugen keine Klicks bei den Medien, also werden wir ignoriert. Keine Klicks heißt: Das interessiert niemanden. So einfach ist das. Und perfide.