Kannste Dir nicht ausdenken

Es gibt Situationen, da hältst Du sprachlos und kopfschüttelnd inne und musst Dich regelrecht zweimal kneifen. Papa ging das so, als er vom Kabinettsbeschluss zur Pflegereform gehört hat. Mehr Ignoranz und Geringschätzung gegenüber pflegenden Eltern geht ja kaum noch…

Aber fangen wir erstmal mit dem Schönen an: Seit heute bin ich wieder im Kupferhof, eine Woche bin ich wieder hier. Für mich heißt das wieder ein tolles Programm und liebevolle 24/7-Pflege und -Betreuung. Für Mama und Papa ist der Kupferhof die so wichtige Auszeit zum Durchschnaufen und zum Erholen. Und von solchen Oasen gibt es ja bekanntlich viel zu wenige

Und schon sind wir beim Thema. Denn finanziert wird mein Aufenthalt über die sog. Kurzzeitpflege; außerdem gibt es auch noch die Verhinderungspflege und den Entlastungsbetrag. Unter bestimmten Bedingungen lassen sich diese Leistungen teils miteinander kombinieren. Um zu verstehen und zu wissen, wie das konkret funktioniert und wie man was bei wem beantragt, muss man tief eintauchen in den Paragrafen-Dschungel…

Daher gibt es schon seit langer Zeit die Forderung, die verschiedenen Leistungen zu einem einheitlichen Entlastungsbudget zusammenzuführen – was ganz im Sinne aller sein müsste. Weniger Bürokratie, mehr Flexibilität, mehr Entlastung.

So stand es auch im ersten Referentenentwurf des sog. „Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetzes„. Vorsichtig-optimistisch hätte man also davon ausgehen können, dass das dann auch so kommt und übernommen wird. Anfang April beschließt das Bundeskabinett dann den Gesetzesentwurf – und das ursprünglich vorgesehene Entlastungsbudget ist plötzlich rausgestrichen. ZACK, einfach weg! Kannste Dir nicht ausdenken…

Die Reaktionen der verschiedenen Pflegeverbände und -organisationen waren harsch und gehen von „im Stich lassen“ bis hin zur „Katastrophe„. Für Papa ist das Rausstreichen des Entlastungsbudgets aus dem Pflegereform-Gesetzesentwurf ein weiterer Beleg dafür, dass wir Familien mit einem behinderten Kind keinerlei Lobby haben. Wie oft habe ich hier schon davon geschrieben, dass wir unsichtbar und unerhört sind? Nachweis gefällig? Bitteschön…

Was außerdem auffällt: In den Medien spielt das Rausstreichen des Entlastungsbudgets nahezu keine Rolle; es hat kaum jemand darüber berichtet. Tja, unsere Anliegen sorgen eben nicht für Klickzahlen. Und dann wird eben auch nicht berichtet. Und das ist umso bitterer…

Aber nun die Schleife zurück zum Kupferhof: Trotz aller politischer Ignoranz und Geringschätzung – wir werden die einwöchige Auszeit und Entlastung genießen!

Für Extra-Urlaubstage

Arzt- und Behandlungstermine, Hilfsmittel-Anproben, Therapien etcetc. Wie Ihr wisst, ist mein Terminkalender ordentlich vollgepackt. Und Mama und/oder Papa müssen nun mal immer dabei sein, was ordentlich Zeit frisst. Eine neue Petition will was dagegen unternehmen – und 10 Tage Sonderurlaub für pflegende Eltern erreichen.

Vor ein paar Monaten hatten zwei pflegende Mütter diese Petition auf change.org gestartet – mit großem Erfolg! Knapp 47.000 Menschen haben die Petition (Stand heute) bereits unterschrieben. Und es werden immer mehr…

Im September haben die beiden die Petition dann dem Petitionsausschuss des Bundestages zur Prüfung vorgelegt – und vor ein paar Tagen wurde die Petition genehmigt! Das heißt jetzt aber: Bis Ende November müssen auf dem Petitionsportal des Bundestages nochmal 50.000 Unterschriften eingehen! Daher auch meine Bitte: Teilen und mitzeichnen!

Ergänzend noch ein paar grundsätzliche Gedanken meinerseits dazu: Ich weiß, dass es sicherlich die ein oder andere kritische Stimme gibt – frei nach dem Motto: „OK, die haben sicherlich ein paar mehr Termine als wir – aber müssen die gleich 10 Sonderurlaubstage haben? Ich kriege doch auch keine… Und außerdem müssen dann die anderen Kollegen für die Kollegen mit Sonderurlaubstagen mitarbeiten!“

Klar kann man darüber diskutieren, ob es gleich 10 Sonderurlaubstage für pflegende Eltern sein müssen. Es geht aber gar nicht um die Zahl 10 – es geht vielmehr darum, dass Familien wie wir überhaupt gesehen werden und nicht weiter unsichtbar bleiben! Es geht darum, dass Mama und Papa – und somit auch ich – generell mehr Entlastung bekommen.

Papa hat das Glück, dass er einen relativ flexiblen Job hat und sich somit oft „freischaufeln“ kann für meine Termine. Die Konsequenz ist dann, dass er ganz oft abends „nacharbeitet“, sehr lange am Schreibtisch sitzt – und danach oder am Wochenende noch meinen Papierkram macht (Stichwort: Behörden, Krankenkasse, Widersprüche etcetc.).

Von daher: Ganz gleich, ob 1, 3, 5 oder 10 Sonderurlaubstage – Hauptsache wir werden gesehen! Daher nochmals meine Bitte: Teilen und Mitzeichnen! Und danke an die beiden Initiatorinnen!