Wenn’s um Geld geht – Teil 2

Zum Thema Geld habe ich noch einen weiteren Gedanken: Diesmal geht es nicht um direkte Leistungen für mich und uns. Es geht darum, wie das „Totschlagsargument“ Geld bzw. Kosten jedes noch so kleine Inklusionspflänzchen gnadenlos platttrampelt. So geschehen bei uns in Osnabrück.

Kennt Ihr den Begriff „Dritter Ort„? Ich kannte den Begriff zugegebenermaßen bis vor gut zwei Jahren auch nicht. Bis plötzlich bei uns in Osnabrück darüber diskutiert wurde, die Stadtbibliothek zu einem solchen „Dritten Ort“ weiterzuentwickeln.

Aber was ist denn nun ein „Dritter Ort“? Darunter versteht man (mal von mir übersetzt) einen „Ort für alle„; also eine Kultur- und Begegnungsstätte mit tollen Angeboten für Jung und Alt, mit und ohne Behinderung und barrierefrei – also Inklusion pur. Gerade Bibliotheken sind prädestiniert, zu solchen Treffpunkten zu werden, da sie im Zuge der Digitalisierung ihren eigentlichen Zweck der Bücherausleihe nach und nach verlieren.

Es gibt gerade in Skandinavien tolle Beispiele, wie solche Begegnungsstätten funktionieren, z.B. das „Dokk1“ in Aarhus und das „Oodi“ in Helsinki. Wer sich diese Treffpunkte mal online ansieht, kann nur ins Schwärmen geraten – einfach großartig! Das sind wahre Inklusions-Leuchttürme!

Aber zurück zu uns nach Osnabrück: Anfang 2021 gab’s einen Ratsbeschluss, die Idee eines „Dritten Ortes“ aufzugreifen und zu konkretisieren. Ich war wie elektrisiert – was wäre das toll, wenn es einen solchen inklusiven Treffpunkt mit tollen Angeboten hier bei uns in Osnabrück gäbe! Denn: Hier gibt es bislang kaum inklusive Begegnungsstätten.

Wie Ihr wisst, fahre ich gerne mit Mama, Papa oder meinen Buddys in den Zoo. Denn da gibt es viel zu erleben und vor allem eine „Toilette für alle„, die es überhaupt möglich macht, dass ich über mehrere Stunden im Zoo bleiben kann. Wir können uns da auch mit anderen treffen – also uns begegnen. Eine zweite Option ist dann noch das StadtgalerieCafé in der Innenstadt. Und dann hört’s auch schon auf…

Monatelang gab’s dann keine weiteren News, wie die Planungen zum „Dritten Ort“ in Osnabrück voranschreiten. Bis Ende 2022 – da hieß es plötzlich in einer Ratsvorlage: Die Pläne werden auf Eis gelegt. Der Grund: Alles viel zu teuer und die Stadt hat kein Geld…

Ruuuummms! Da wurde es wieder hervorgekramt, das „Totschlagsargument“ Kosten. Wenn ich jetzt mal ganz böse und provokativ wäre, dann würde ich sagen: „Wenn ich keine Lust habe, Ideen weiterzuentwickeln, dann hole ich die Kostenkeule raus und das Thema ist tot.

Na klar ist das Kostenargument gerade in diesen Zeiten nicht von der Hand zu weisen. Die Kommunen haben leere Kassen; da müssen alle Kommunalpolitiker verantwortungsvoll gucken, wie man die Ausgaben in den Griff bekommt und Investitionen hinterfragt. Aber wie so häufig wird auch hier in Osnabrück der Rotstift zuallererst bei Projekten angesetzt, die keine Lobby haben.

Warum ist das so? Ganz einfach: Es gibt keinen Aufschrei – auch hier ist die Ankündigung, die Pläne für den „Dritten Ort“ zu beerdigen, völlig geräuschlos durchgelaufen. Es gab kein Echo, keine Resonanz, nix dergleichen. Dazu kommt, dass auch in der Osnabrücker Kommunalpolitik der Irrglaube vorhanden ist, Inklusion koste immer nur viel Geld und sei zu teuer. Wie fatal!

Tatsache ist doch: Wer Inklusion wirklich will, der hätte das Thema „Dritter Ort“ nicht ad acta gelegt, sondern überlegt, wie sich bestehende Kulturangebote in Osnabrück im kleinen Rahmen inklusiv weiterentwickeln lassen. Man hätte auch mal Menschen wie uns fragen können, was wir uns wünschen oder ob wir Vorschläge oder Ideen haben.

Das ist alles nicht passiert; erneut wurde eine große Chance verpasst, Inklusion in Osnabrück ins Bewusstsein und voranzubringen. Mut macht das nicht, ganz im Gegenteil…

Wieder da: der Sportivationstag

Zwei Jahre war Corona-Pause: Am Mittwoch war er (endlich!) wieder da – der Sportivationstag! Definitiv eine der der tollsten Veranstaltungen weit und breit – und Inklusion in Reinkultur. Und ich war natürlich wieder mit dabei…

Wer von Euch den Sportivationstag nicht kennen sollte: Das ist ein Spiel- und Sportfest für Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderung, veranstaltet vom Behinderten-Sport-Verband Niedersachsen und hier bei uns dem Stadtsportbund. Die Idee dahinter: Alle machen gemeinsam Sport – egal, ob mit oder ohne Behinderung…

Ich war mit meiner Schule und meiner Klasse natürlich auch dabei (trotz derzeitiger Personalnot – danke an alle, die das möglich gemacht haben!!!) und habe u.a. den Rollstuhl-Parcour bewältigt und viele andere Stationen in meinem Heft abstempeln lassen.

Das war am Mittwoch (zum Glück war es trocken!) ein absolut toller Tag! Toll, dass der Sportivationstag nach zwei Jahren Zwangspause wieder stattfinden konnte. Und eigentlich müsste der Tag eine Inklusions-Pflichtveranstaltung für alle Schulen sein…

Auf einer Wellenlänge

Eifrige Stammleser unter Euch können sich vielleicht noch ganz dunkel erinnern, dass ich vor langer Zeit ein inklusives Musikprojekt angekündigt habe, bei dem ich mitmachen durfte – und dass danach nichts mehr von mir kam. Höchste Zeit mal aufzuklären, was aus dem Projekt „Auf einer Wellenlänge“ geworden ist. Und wie so oft sagen Bilder mehr als tausend Worte…

Dieses Bild stammt aus einem Buch, das ich als Teilnehmer des inklusiven Musikprojektes jetzt bekommen habe. Da sind ganz tolle Bilder drin, die zeigen, was dieses großartige Projekt ausgemacht hat – wenn nicht Corona nach einem knappen halben Jahr für ein abruptes Ende gesorgt hätte. Leider… 🙁

Solche Begegnungsprojekte sind so wichtig. Denn mit Hilfe der Musik können Berührungsängste und unsichtbare Barrieren im Kopf abgebaut werden. Wie schön wäre es, wenn es mehr solcher Inklusionsprojekte gäbe, in denen Schüler von Regelschulen mit uns Schülern der Förderschulen im wahrsten Sinne des Wortes „gemeinsame Sache“ machen können…

Ich habe die Hoffnung jedenfalls nicht aufgegeben, dass es irgendwann weitere Projekte dieser Art gibt – und erinnere mich gerne daran zurück, als wir „auf einer Wellenlänge waren…