Die Schlaf-Überraschung

Ich bin seit Freitag zurück von meiner Kupferhof-Woche. Wie immer war das sowohl für mich als auch für Mama und Papa wieder ein (wenn auch viiieel zu kurzer) gelungener und schöner Erholungsurlaub. Und dieses Mal habe ich alle sprichwörtlich im Schlaf überrascht… 😉

Ich habe ja schon einige Male davon erzählt, dass ich mich doch sehr schwer tue, im Kupferhof in den Schlaf zu kommen. Ich bin ja nun schon einige Male dort gewesen, und meine „Schlaf-Eskapaden“ sind mittlerweile berühmt-berüchtigt. Ich krieg da in meinem Zimmer einfach nicht die Kurve – das fängt schon beim abendlichen Einschlafen an, zieht sich mit unzähligen „Hallo, ich bin wach!„-Rufen durch die Nacht, bis ich dann sehr früh morgens das klare Signal aussende, dass der Tag losgehen kann/soll.

Das ist dann auch nicht nur in den ersten zwei oder drei Nächten so – sondern durchgehend. Die Pflegekräfte fragen sich dann immer, ob ich überhaupt mal müde werde, denn tagsüber bin ich ja immer voll in Action und bei allen Programmpunkten voller Tatendrang dabei…

Zu meiner Ehrenrettung sei gesagt, dass ich nicht die einzige bin mit Schlaf-Schwierigkeiten. Neue Umgebung, neue Geräusche, neue Reize, andere Personen – das ist für Kinder und Jugendliche mit den unterschiedlichsten Beeinträchtigungen nun mal nicht ganz so leicht. Aber die Nachtwache im Kupferhof hat da immer alles entspannt im Griff… 😉

Nun aber zu meinem jetzigen Aufenthalt und meiner „Schlaf-Überraschung“. Denn jetzt war plötzlich alles anders: Ich bin problemlos eingeschlafen, habe mich nachts nur wenige Male kurz gemeldet, bin dann wieder schnell eingeschlafen und morgens nicht allzu früh wach gewesen – das war fast schon „bilderbuchmäßig“!

Wieso, weshalb, warum – das wird wohl mein Geheimnis bleiben… 😉 . Mama und Papa freut das jedenfalls sehr – wenn ich da gut schlafe, können die beiden noch besser entspannen. Jetzt fehlt zum „Rundum-Sorglos-Paket“ nur noch die Gewissheit, dass ich nach meinen Kupferhof-Aufenthalten nicht in schöner Regelmäßigkeit krank werde. Denn seit heute habe ich sicht- und hörbar Halsschmerzen und huste vor mich hin… 🙁

Kannste Dir nicht ausdenken

Es gibt Situationen, da hältst Du sprachlos und kopfschüttelnd inne und musst Dich regelrecht zweimal kneifen. Papa ging das so, als er vom Kabinettsbeschluss zur Pflegereform gehört hat. Mehr Ignoranz und Geringschätzung gegenüber pflegenden Eltern geht ja kaum noch…

Aber fangen wir erstmal mit dem Schönen an: Seit heute bin ich wieder im Kupferhof, eine Woche bin ich wieder hier. Für mich heißt das wieder ein tolles Programm und liebevolle 24/7-Pflege und -Betreuung. Für Mama und Papa ist der Kupferhof die so wichtige Auszeit zum Durchschnaufen und zum Erholen. Und von solchen Oasen gibt es ja bekanntlich viel zu wenige

Und schon sind wir beim Thema. Denn finanziert wird mein Aufenthalt über die sog. Kurzzeitpflege; außerdem gibt es auch noch die Verhinderungspflege und den Entlastungsbetrag. Unter bestimmten Bedingungen lassen sich diese Leistungen teils miteinander kombinieren. Um zu verstehen und zu wissen, wie das konkret funktioniert und wie man was bei wem beantragt, muss man tief eintauchen in den Paragrafen-Dschungel…

Daher gibt es schon seit langer Zeit die Forderung, die verschiedenen Leistungen zu einem einheitlichen Entlastungsbudget zusammenzuführen – was ganz im Sinne aller sein müsste. Weniger Bürokratie, mehr Flexibilität, mehr Entlastung.

So stand es auch im ersten Referentenentwurf des sog. „Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetzes„. Vorsichtig-optimistisch hätte man also davon ausgehen können, dass das dann auch so kommt und übernommen wird. Anfang April beschließt das Bundeskabinett dann den Gesetzesentwurf – und das ursprünglich vorgesehene Entlastungsbudget ist plötzlich rausgestrichen. ZACK, einfach weg! Kannste Dir nicht ausdenken…

Die Reaktionen der verschiedenen Pflegeverbände und -organisationen waren harsch und gehen von „im Stich lassen“ bis hin zur „Katastrophe„. Für Papa ist das Rausstreichen des Entlastungsbudgets aus dem Pflegereform-Gesetzesentwurf ein weiterer Beleg dafür, dass wir Familien mit einem behinderten Kind keinerlei Lobby haben. Wie oft habe ich hier schon davon geschrieben, dass wir unsichtbar und unerhört sind? Nachweis gefällig? Bitteschön…

Was außerdem auffällt: In den Medien spielt das Rausstreichen des Entlastungsbudgets nahezu keine Rolle; es hat kaum jemand darüber berichtet. Tja, unsere Anliegen sorgen eben nicht für Klickzahlen. Und dann wird eben auch nicht berichtet. Und das ist umso bitterer…

Aber nun die Schleife zurück zum Kupferhof: Trotz aller politischer Ignoranz und Geringschätzung – wir werden die einwöchige Auszeit und Entlastung genießen!

Bittere Realität

Wie oft habe ich schon darüber geschrieben, wie wichtig gerade für uns Auszeiten und Entlastungsmöglichkeiten sind – und dass es viel zu wenige solcher Erholungsoasen gibt. Jetzt ist das nächste, seit vielen mühsamen Jahren geplante Kurzzeitwohnenprojekt für Kinder mit Behinderung abgeblasen worden. Das ist eine Vollkatastrophe – und leider bittere Realität.

Wie Ihr wisst, kann ich ja jedes Jahr für gut 7-10 Tage in den Kupferhof nach Hamburg fahren. Während ich dort eine tolle 24/7-Betreuung genieße, können Mama und Papa zumindest einmal im Jahr in dieser Zeit im wahrsten Sinne des Wortes Urlaub machen. Nicht auszudenken, wenn es den Kupferhof nicht gäbe. Und zugleich beschämend, dass es ansonsten weit und breit keine vergleichbaren Angebote gibt.

Tatsache ist, dass es bundesweit deutlich zu wenige Kurzzeitwohnangebote gibt. Nicht umsonst ist die jährliche Bewerberliste für den Kupferhof ewig lang – und wird immer länger. Wir sind heilfroh, jedes Jahr noch einen kleinen Erholungszeitraum ergattern zu können.

Im Kreis Esslingen in Baden-Württemberg haben daher schon seit vielen Jahren mehrere Partner daran gearbeitet, ein weiteres Kurzzeitwohnenprojekt aus dem Boden zu stampfen. Jetzt aber der Schock: Das Projekt wurde abgeblasen, und zwar aus Kostengründen. Ich kann mir vorstellen, was diese Nachricht bei Familien mit einem Kind mit Behinderung auslöst…

Es ist und bleibt leider bittere Realität: Wir Familien sind unerhört, unsichtbar und haben keine Lobby. Sonst würde es trotz allgemeiner Kostensteigerungen sicherlich längst mehr Oasen wie den Kupferhof geben.